Am 09.09.2021, an einem milden Spätsommertag, ist Helm Stierlin (*12. März 1926) im Alter von 95 Jahren zu Hause in Heidelberg verstorben.

So viele Erinnerungen, Gaben, Impressionen, die Helm Stierlin zurücklässt:

  • „Von der Psychoanalyse zur systemischen Perspektiven“
  • Seminare in der Mönchhofstraße 15a
  • Generationen von Praktikanten hinter der Spiegelscheibe
  •  „Delegation und Familie“
  • bezogene Individuation
  • die erste Heidelberger Gruppe mit Gunthard Weber, Fritz Simon, Michael Wirsching und Ingeborg Rücker-Embden-Jonasch
  • Familiendynamik
  • „Familiäre Wirklichkeiten“
  • die Aufführung im Heidelberger Schloss „Instant Hamlet“ mit den Granden der systemischen Familientherapie in den Hauptrollen
  • Mailand und Heidelberg
  • „In Liebe entzweit“
  • Gunther Schmidt, Arnold Retzer, Hans Rudi Fischer, Jochen Schweitzer und Andrea Ebbecke-Nohlen im Heidelberger Team
  • Gründung der IGST
  • „Das Ende der großen Entwürfe“
  • Gerechtigkeit in nahen Beziehungen
  • Freundschaft und Besuche all der großen Familientherapeuten,
  • Wenn sich das Herz zum Herz gesellt; Theateraufführung beim 70.Geburtstag
  • Sommerfeste bei den Sommerintensivkursen am Helm Stierlin Institut
  • Treffen mit Lyman Wynne, Helm Stierlin, Jochen Schweitzer und Rüdiger Retzlaff, im Kappellenweg; Diskussion der Expertise zur Systemischen Therapie

…ein langes, langes „Verdienstkonto“…

Das systemische Feld hat ihm unendlich viel zu verdanken. Wir verlieren mit ihm den Wegbereiter der systemischen Familientherapie in Deutschland, einen großartigen Lehrer, Mentor und Begleiter.

 

Rüdiger Retzlaff für das Team des Helm Stierlin Institut Heidelberg

 

“I Stop Somewhere Waiting for You” - Nachruf von Gunthard Weber

Die Verwirklichung dieser letzten Gedichtzeile aus Walt Whitman’s “Song of Myself“ wünschte ich mir, jetzt, wo Helm Stierlin am 9. September 95-jährig friedlich eingeschlafen ist und nur noch die vielen Erinnerungen bleiben. Im Angedenken an ihn schaue ich noch einmal dankbar im Rückspiegel auf sein Leben, sein Werk und seine Beziehungen. Sein erfülltes Leben war so facettenreich, dass es unmöglich ist, sein Werk und Wirken hier umfassend zu würdigen. Ich treffe also eine persönliche Auswahl.

Erst einmal gilt unser Mitgefühl als Verlagsteam Satuila Stierlin, seiner Frau und Kollegin, mit der er über 50 Jahre eine austauschende und liebevolle Ehebeziehung lebte, und ihren beiden Töchtern Larissa und Saskia, die ihn in den letzten Jahren, in denen seine geistigen und körperlichen Kräfte langsam nachließen, außergewöhnlich liebevoll umsorgt und gepflegt haben.

Es war ein besonderes Privileg, dass ich Helm Stierlin schon sehr früh nach seiner Rückkehr aus den USA 1974 kennenlernen und von 1977 bis 1983 sechs Jahre mit ihm zusammenarbeiten durfte. Wer bei Helm Stierlin arbeitete, musste sich um seine Zukunft nicht viele Gedanken machen. Seine Motivationsstrategie war ein „gnadenloses“ Anerkennen. In den sechs Jahren der Zusammenarbeit mit ihm habe ich mich kein einziges Mal von ihm kritisiert gefühlt, aber auch nie so viel gearbeitet wie in dieser Zeit.

Ich war 1974 Assistenzarzt an der Psychiatrischen Universitätsklinik in Heidelberg und wunderte mich, dass Mittwoch nachmittags immer so viele Menschen in den großen Hörsaal strömten. Sie besuchten die ersten Vorlesungen von Helm Stierlin. Helm Stierlin? Ein Kollege schwärmte von ihm. Aus Neugier gesellte ich mich dazu und blieb schließlich das ganze Semester. Hinten oben im Hörsaal saßen damals auch schon Bernhard TrenkleWolf Ritscher und Gunther Schmidt. Die Universität hatte Helm Stierlin 1974 nach 17 Ausbildungs- und Forschungsjahren in den USA nach Heidelberg eingeladen und für ihn als ärztlichen Direktor und Lehrstuhlinhaber die Abteilung für Psychoanalytische Grundlagenforschung und Familientherapie geschaffen.

Wie in einer Enklave führte die kleine Abteilung in einem schlichten Zweifamilienhaus in der Mönchhofstraße 15a im Stadtteil Neuenheim bis zu seiner Emeritierung 1991 ein kreatives Dasein, ganz überwiegend bestehend aus ihm als Chef, einem Oberarzt und einer Assistentin oder einem Assistenten. Diese Abteilung entwickelte sich zu einem der innovativsten und wegweisendsten Institute der systemischen Therapie in Deutschland. Es war immer klar, dass Stierlin trotz seiner Teamorientierung der Chef war. Viele der anfallenden Arbeiten leisteten seine AssistentInnen und seine Sekretärin, ebenso wie die Organisation der Seminare, Foren und Kongresse. In den Familientherapien zu viert vor und hinter der Einwegscheibe war er ein gleichberechtigtes Teammitglied. Für mich war die Zeit von 1982 bis 1989, in der wir zu viert (Helm Stierlin, Gunther Schmidt, Fritz Simon und ich) Familientherapien mit Familien mit schizoaffektivem und manisch-depressivem Verhalten durchführten, die intensivste und zudem eine erstaunlich konkurrenzfreie und besonders kreative Teamzeit.

Zu anderen Universitätsabteilungen bestanden wenig Beziehungen, dafür fand aber ein umso intensiverer, internationaler Austausch mit vielen PionierInnen der Familientherapie statt und ab 1978 zunehmend mehr Weiterbildungsaktivitäten wie die Heidelberger familientherapeutische Arbeitsgruppe (HFA), später ab 1984 die Internationale Gesellschaft für systemische Therapie (IGST).

Helm Stierlin war neugierig und immer hochinteressiert an neuen Ansätzen und Ideen. Er entwickelte und lehrte, basierend auf seinen früheren Arbeiten, sein Heidelberger familiendynamisches Konzept [Delegation, bezogene Individuation, Status der Gegenseitigkeit, Mehrgenerationenperspektive (siehe die Arbeiten seines Freundes Ivan Boszormenyi-Nagy), war aber jederzeit bereit und offen, eigene Erkenntnisse aufzugeben oder zu modifizieren, Neues aufzunehmen, zu integrieren und weiter zu entwickeln, z.B. die vom Mailänder Team der Familientherapie (Mara Selvini-Palazzoli, Luigi Boscolo, Gianfranco Cecchin, Guiliana Prata) entwickelten kreativen konkreten Haltungen und systemischen Vorgehensweisen (siehe „Hypothetisieren, Zirkularität und Neutralität - Drei Richtlinien für den Leiter der Sitzung“) oder die Erkenntnisse des Konstruktivismus (z.B. Humberto Maturana, Heinz von Foerster, Ernst von Glasersfeld, Paul Watzlawick) und deren Folgerungen für die systemische Therapie. Gleichzeitig legte er weiterhin Wert darauf, ein Psychoanalytiker zu sein.

Seine vielen Bücher und die zahllosen Buch- und Zeitschriftenbeiträge, die teilweise auch im Carl-Auer Verlag erschienen – er selbst gehörte 1989 zu den Mitgründern des Verlages – kann ich hier nur erwähnen (siehe Michael Reitz: „Helm Stierlin, Zeitzeuge und Pionier der systemischen Therapie). Zusammen mit Josef Duss-von Werdt gründete er die Zeitschrift Familiendynamik und war viele Jahre ihr Mitherausgeber. Und wer hat es außer ihm schon geschafft, dass MitarbeiterInnen zu Lebenszeiten ein Institut nach dem Gründer benannt haben, das Helm-Stierlin-Institutin Heidelberg oberhalb des Schlosses (gegründet 2002).

Immer wieder machte Helm Stierlin Ausflüge in die Literatur, das Theater und die Politik: Nietzsche, Hölderlin und das Verrückte“. „Adolf Hitler: Familienperspektiven“; „Die Demokratisierung der Psychotherapie: Anstöße und Herausforderungen“; das Libretto für das Stück Familiendynamik, das am Theater Heidelberg uraufgeführt wurde.

Unvergessen Helms liebenswerte Ungeschicklichkeiten und seine kleinen Fauxpas. Unvergessen auch viele soziale Ereignisse: Alle fünf Jahre die Feiern zu seinem Geburtstag mit den bezaubernden Vorführungen der Stierlin-Töchter, launigen Sketchen und Darbietungen unterschiedlichster Art; die Skiausflüge mit skandinavischen Freunden in Norwegen und Schweden; die Teamfahrten nach erfolgreichen Kongressen nach Venedig und Paris; der Flug in die USA zur Yale University in New Haven, auf dem Helm Stierlin begann, den „Instant Hamlet“ auf altenglisch zu schreiben, der dann auf einem Kongress in Heidelberg uraufgeführt wurde (mit Mara Selvini, Paul Watzlawick, Ivan Boszormenyi-Nagy, Helm Stierlin, Lyman Wynne, Guilia Prata u.a. in den Hauptrollen) und für mich der Aufenthalt in der Stierlin-Villa am Lago Maggiore; die vielen Besuche in der Lutherstraße bei den Stierlins nach seiner Emeritierung; die jährlichen Wanderungen über 15 Jahre hinweg mit vier Freunden, darunter Helm, waren Highlights. Leider ist nun mit ihm der dritte von ihnen gestorben. Sic transit gloria mundi.

„Komm du nun, sanfter Schlummer! zu viel begehrt Das Herz; doch endlich, Jugend! verglühst du ja, Du ruhelose, träumerische! Friedlich und heiter ist dann das Alter.“

Aus Abendphantasie von Friedrich Hölderlin.

Friedlich und heiter war Helm Stierlin tatsächlich im Alter und beseelt von einer tiefen Dankbarkeit für alles, was das Leben für ihn bereit gehalten hat.

Ohne Helm Stierlin würde es den Carl-Auer Verlag nicht geben.

Helm, lieben Dank für alles! Wir werden Dich nicht vergessen. Hab‘ eine gute Reise, wo immer sie Dich hinführt. And

– perhaps you stop indeed somewhere waiting for us.

 

Gunthard Weber, Wiesloch den 11.9.2021

 

Nachruf von Gunther Schmidt

Helm hat uns jetzt verlassen und dies ist sehr schmerzlich.

Sein Geist, seine vielen kreativen Ideen und Werke und auch seine aufrichtige Art, Menschen mit großer Achtung, mit mitmenschlicher Würdigung auf kongruenter Augenhöhe zu begegnen, und seine ermutigende Haltung, mit Staunen und Bewunderung offen für die Welt, für die Einzigartigkeit von Menschen und für immer neues Lernen zu bleiben, werden weiterwirken und bleiben Orientierung gebendes Modell für uns alle. (Auszug – hier zum ausführlichen „Dankes-(Nach-)Ruf“)

Dr. Gunther Schmidt

Ausführlicher Nachruf von Gunther Schmidt

Nachruf in der Rhein-Neckar-Zeitung 17.09.2021

Helm Stierlin (12.03.1926- 09.09.2021)

Am vergangenen Donnerstag, an einem freundlichen Spätsommertag, ist Helm Stierlin im Alter von 95 Jahren in Heidelberg verstorben.

 

Über viele Jahrzehnte hinweg wurden Familientherapie und systemische Therapie in Deutschland von ihm geprägt. Geboren als ältester von drei Brüdern studierte er in Heidelberg Medizin und Philosophie. Nach der Promotion bei Karl Jaspers (Philosophie) und bei Kurt Kölle (Medizin) und der Zeit als Assistenzarzt in München (1954/55), führte ihn sein Interesse an der interpersonellen Theorie der Psychiatrie von Harry S. Sullivan in die USA. Dort arbeitete er am Sheppard Pratt Hospital von 1955- 1957 und von 1957 bis 1962 am Chestnut Lodge Hospital. Danach wechselte er von 1963-1964 zu Dr. Binswanger am Sanatorium Bellevue, Kreuzlingen in der Schweiz, und wurde anschließend ab 1965  Mitarbeiter von Lyman Wynne am National Institute for Mental Health in Bethesda. Nach seiner Rückkehr aus den Jahren in den USA  leitete er von 1974-1991 die Abteilung für Psychoanalytische Grundlagenforschung und Familientherapie an der Universitätsklinik Heidelberg, die zu einer der wichtigsten Keimzellen der systemischen Familientherapie in Deutschland wurde.

 

Helm Stierlin hat zahlreiche Beiträge zur Entwicklung der klassischen Familientherapie entwickelt, u.a. das Konzept der bezogenen Individuation und der Delegation in Familien. Zusammen mit Duss-von-Werdt gründete er die Zeitschrift Familiendynamik und war viele Jahre deren Mitherausgeber. Neben zahllosen Artikeln publizierte er über ein Dutzend Bücher, die in über zwölf Sprachen übersetzt worden sind.

 

An der Abteilung für Psychoanalytische Grundlagenforschung und Familientherapie befasste sich Stierlin besonders mit der Individuation von Jugendlichen in ihren Familien, mit der Behandlung von Klienten mit Psychosen und Essstörungen. Von den Mitgliedern der Heidelberger Gruppe, die er in seiner Abteilung versammelte, gingen entscheidende Impulse aus, die die Entwicklung der Systemischen Therapie nachhaltig beeinflussten: Gunthard Weber (Therapie der Magersucht, Familien-Konstellationen), Fritz Simon (Psychosetherapie, systemische Organisationsberatung), Michael Wirsching (em. Lehrstuhlinhaber in Freiburg; Lehrbücher), Ingeborg Rücker, Embden Jonasch und später Andrea Ebbecke-Nohlen (feministische systemische Therapie), Gunther Schmidt und zeitweise Bernhard Trenkle (hypnosystemische Therapie), Arnold Retzer (Psychosetherapie, Paartherapie), Hans Rudi Fischer (Grundlagenaspekte des Systemischen Denkens; systemisches Management), Jochen Schweitzer (Co-Autor des wichtigsten deutschsprachigen Lehrbuchs der Systemischen Therapie). Der intensive Austausch mit der Mailänder Gruppe trug zur Weiterentwicklung der systemischen Familientherapie zu einer eigenständigen Systemischen Therapie bei.

 

Im Rahmen von Sabbatsemestern unterrichtete Helm Stierlin in Australien, Neuseeland und Südamerika und hielt zahlreiche Vorträge in Europa, wobei Polen und Skandinavien für ihn besonders wichtig waren. Ab 1985 wurden zusammen mit Fritz Simon auch in China Ausbildungen und Vorträge zur Systemischen Therapie durchgeführt; dieser Austausch wird bis heute von Mitgliedern des Helm Stierlin Instituts und anderen fortgeführt. Zhao Xudong von Universität Shanghai, einer der wichtigsten Psychiatrieplanern in China, hat seine Promotion In Heidelberg bei Stierlin erhalten.

 

Helm Stierlin veranstaltete zahlreiche große internationale Kongresse über die von ihm und seinem Team gegründete Internationale Gesellschaft für systemische Therapie. Seine Vielseitigkeit zeigte sich u.a. auch daran, dass er seine Theorie der Paarbeziehung in gereimter Form in einem Büchlein zusammenfasste, dass an seinem 70. Geburtstag als Theaterstück im Heidelberger Stadttheater aufgeführt wurde. Bereits 1980 hatte Stierlin mit dem international renommierten Tanztheater-Provokateur Johann Kresnick am Heidelberger Theater zusammengearbeitet; für ihn schrieb er das Libretto zum „Familiendialog“, eine Abrechnung mit der Zeit des Nationalsozialismus und ihren späteren psychischen Auswirkungen.

 

Helm Stierlin blieb bis ins hohe Alter aktiv und hielt 2009 an seiner alten Abteilung eine Vorlesung zu den Pionieren der Familientherapie, zusammen mit Manfred Cierpka, Astrid Riehl Emde, Rüdiger Retzlaff und Jochen Schweitzer.

 

Die Gründung des Helm Stierlin Instituts (hsi) in Heidelberg durch Andrea Ebbecke-Nohlen, Jochen Schweitzer, gemeinsam mit Carmen Beilfuß, Gunther Schmidt, Fritz B. Simon und Gunthard Weber 2002 wurde von ihm aktiv mitgetragen. Am hsi beteiligte sich Helm Stierlin bis vor einigen Jahren an der Lehre mit Beiträgen zur Geschichte der Systemischen Therapie im Rahmen der jährlichen Sommerintensivkurse. Die Bemühungen zur wissenschaftlichen und sozialrechtlichen Anerkennung der Systemischen Therapie, die wesentlich aus seiner alten Abteilung heraus entstanden sind, wurden von ihm mit Interesse begleitet, u.a. lud er Lyman Wynne zu einem Treffen mit J. Schweitzer und R. Retzlaff ein, um die Expertise zur Systemischen Therapie zu diskutieren.

 

In den letzten Jahren wurde es stiller in seinem Leben, und er war auf die liebevolle Unterstützung seiner Frau Satuila und seiner Töchter angewiesen.

 

Das Feld der Systemischen Therapie insgesamt hat ihm unendlich viel zu verdanken. Sein Tod erfüllt uns mit tiefer Trauer. Mit ihm verlieren wir einen wunderbaren Mentor, der uns so lange begleitet hat. Unser Mitgefühl gilt Satuila Stierlin und seiner Familie.

 

 

Rüdiger Retzlaff

 

Nachruf des Klett-Cotta-Verlages

Das Tun des Einen ist das Tun des Anderen. Der Titel dieses frühen Werks von Helm Stierlin hat sich durch die Zeit realisiert. So hat sein engagiertes und kreatives Tun zu einem Paradigmenwechsel in der gesamten Psychotherapie beigetragen und ist heute zum Tun von vielen Anderen geworden. Großen Respekt vor diesem außergewöhnlichen Menschen, den wir aus unseren Begegnungen immer in guter Erinnerung halten werden.

 

Manfred Vogt, Bremen

 

https://www.klett-cotta.de/nachricht/Zum_Tod_von_Helm_Stierlin/405361

 

Die DGSF trauert um Helm Stierlin

 

Prof. Dr. med. Dr. phil. Helm Stierlin, Psychiater und Philosoph, Gründer und Leiter der Abteilung für psychoanalytische Grundlagenforschung und Familientherapie am Universitätsklinikum Heidelberg von 1974 bis 1991, ist tot. Er starb am Donnerstag, dem 9. September nach langer, in liebevoller Pflege geduldig und freundlich ertragener Krankheitszeit, in der Wohnung der Familie in Heidelberg-Neuenheim. Er gehörte zu dem kleinen Kreis der Pioniere, die in den 1970er Jahren die Familientherapie in Deutschland bekannt gemacht und ihr in der Psychotherapie einen prominenten Platz verschafft haben. Als experimentierfreudiger Praktiker, als philosophisch und begrifflich rigoroser Theoretiker, als international vernetzter Gastgeber früher Kongresse und Arbeitstagungen und als Förderer jüngerer Kolleginnen und Kollegen hat er weit über seine Emeritierung 1991 hinaus viel beigetragen zu jenem beachtlichen „Blühen systemischer Praxis“, das in veränderten Formen bis heute weitergeht.

Helm Stierlin war Gründungsmitglied der DGSF, zuvor schon Mitglied des Vorgängerverbandes DAF (Deutsche Arbeitsgemeinschaft Familientherapie). Aber mit vielem, was einen Verband wie die DGSF ausmacht, hat Helm Stierlin wenig am Hut gehabt. Regularien therapeutischer Verbände hat er sich in seinen jungen Jahren der psychiatrischen und psychoanalytischen Ausbildung unterworfen, ist ihnen später aber konsequent aus dem Weg gegangen. Als Lehrtherapeut wäre er in der DGSF vor 2011 - dem Jahr, als die DGSF den „Weg C zum Lehrenden“ für ältere Kolleginnen und Kollegen aus der „Pionierzeit“ einführte – nicht zertifizierbar gewesen. An berufspolitischen Aktivitäten ist von ihm nur eine Fahrt in den 1970er Jahren ins Bonner Gesundheitsministerium überliefert, gemeinsam mit Horst-Eberhard Richter, seinem politisch wesentlich aktiveren Gießener Kollegen und Konkurrenten. Politik interessierte ihn eher theoretisch als praktisch, besonders Fragen der Demokratie und des Nationalsozialismus, unter dem er aufgewachsen war.

Viele wissen, dass Helm Stierlin sich als Therapeut und Forscher vor allem mit psychotischen und psychosomatischen Störungen beschäftigte. Weniger bekannt ist, dass seine Doktorarbeit sich mit Gewalttaten von Patienten gegen ihre Behandler befasste und dass er einige seiner therapeutischen Konzepte in der Beschäftigung mit jugendlichen „Runaways“ entwickelte – also jungen Wegläufern von zuhause, mit denen zahlreiche DGSF Mitglieder heute in Einrichtungen der Jugendhilfe arbeiten.

Stierlins theoretische Konzepte haben meist eine psychoanalytische Wurzel - etwa die „Delegation“ – sind von ihm aber seit Ende der 1970er Jahre systemtheoretisch weiterentwickelt worden. So gilt u.a. die „bezogene Individuation“ mit ihren Formen der „Individuation mit“ und der „Individuation gegen“ zahlreichen jüngeren SystemikerInnen als vielfältig verwendbare Denkfigur für Systemprozesse in Paaren, Familien und Organisationen. Den Mehrgenerationsansatz hat vor allem seine Frau Satuila, eine bei Jean Piaget in Genf promovierte Psychologin, in ihren Genogrammanalysen weiterentwickelt. Seine Tochter Larissa wurde eine bekannte Kommunikationspsychologin im Netzwerk der Schulz-von-Thun-Gruppe, seine Tochter Saskia eine tatkräftige Notfallmedizinerin, die sicher viel dazu beitrug, dass Stierlin das biblische Alter von 95 Jahren erreichte.

Es hat in den 1980er und 1990er Jahren nicht an Kritik gegenüber Helm Stierlin gefehlt. Psychoanalytiker waren erbost über seine Wende zur Systemtheorie als Leittheorie. Feministinnen waren erbost, dass er die Auswirkungen der sozioökonomischen Benachteiligungen von Frauen auf Paar- und Familienbeziehungen selten thematisierte und auch nur selten Frauen in den Kreis seiner engen Mitarbeiter einlud. Gestalt- und andere humanistische TherapeutInnen fanden seinen Therapiestil allzu kognitiv-rational, seine Sicht auf den Ausdruck von Emotionen als eine Sonderform von Beziehungsbotschaften allzu gefühllos.

Das ganze Systemische Feld hat Helm Stierlin viel zu verdanken, mittelbar damit auch die DGSF, obwohl Helm Stierlin in ihr nicht aktiv war. Sein Entdeckergeist, seine Neugier, seine Weltoffenheit haben sich auf die von ihm mitentwickelte systemische Therapie übertragen. Seine behutsame, nicht belehrende, ermunternde und fördernde Haltung hat viele Jüngere nicht nur in seinem engeren Arbeitsumfeld ermutigt, kontinuierlich eigene therapeutische und theoretische Wege zu suchen und zu gehen. Möge diese Entwicklung so weitergehen! - Auch nach seinem Tod, auch in der DGSF.

 

Jochen Schweitzer

 

 

Vorlesung Sommersemester 2009

„Die Pioniere der Familientherapie – Konzepte und Erinnerungen" (Prof. Dr. M. Cierpka & Prof. Dr. H. Stierlin, unter Mitarbeit von Dr. Retzlaff, Prof. Dr. A. Riehl-Emde, Prof. Dr. J. Schweitzer)

In der Auseinandersetzung mit dem Werk und zuletzt mit dem Menschen Helm Stierlin durfte ich zunächst eindrücklich erleben, wie therapeutische Praxis und philosophisches Denken gleichermaßen verständlich und vielschichtig in Beziehung gesetzt werden können. Darüber hinaus was es eine ganz besondere Erfahrung mitzuerleben, wie Satu und Helm Stierlin im hohen Alter Einblicke in ihre Paarbeziehung gewährten und am eigenen Beispiel die Anwendung der eigens entwickelten Prinzipien gelingender Beziehungsgestaltung reflektierten. Diese Erfahrungen resonieren fortan in mir und prägen spürbar meine professionellen und privaten Rollen. Danke dafür.

 

Stefan Pätz, Mainz

 

Nachruf von Fritz B. Simon

Da meine Beziehung zu Helm Stierlin zwar professionell begann, dann aber zur Freundschaft wurde, werden meine - betrübten - Worte zu seinem Tod zwangsläufig eine Mischung aus Professionellem und Privatem werden.

Helm Stierlin gehört zu der Handvoll Menschen, die in den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts im deutschsprachigen Bereich die Ideen der Familientherapie vertreten und verbreitet haben. Er war zwar nicht der einzige, aber sicher derjenige, der den größten Einfluss ausgeübt hat. Das Paradoxe an dieser Wirkung - und vielleicht ein Aspekt, der seinen Erfolg erklären kann - ist, dass Helm eher schüchtern und ohne jede Aggressivität oder Besserwisserei seine familientherapeutischen Konzepte vertreten hat, aber auch nie defensiv wurde oder versuchte, sich einem Mainstream anzupassen. Dabei mag ihm geholfen haben, dass er - frisch aus Amerika zurückgekehrt, wo er nach seinem Medizin- und Philosophiestudium (bei Karl Jaspers) in Heidelberg in der Schizophrenieforschung und -therapie gearbeitet hatte - nicht nur alle wichtigen in dem Bereich tätigen Forscher weltweit kannte und mit ihnen befreundet war, sondern auch alle, damals als die wissenschaftliche Anerkennung sichernden Ausbildungen genossen hatte und zu den entsprechenden Fachgesellschaften (z.B. den orthodoxen, internationalen Psychoanalytiker-Verbänden) gehörte. Er war vom Establishment akzeptiert und respektiert, und das war die Basis, die es ihm ermöglichte, Unorthodoxes zu tun.

1974 berufen als Leiter der „Abteilung für psychoanalytische Grundlagenforschung“ der Psychosomatischen Klinik der Universität Heidelberg erweiterte er den Titel seines Instituts um den Zusatz „und Familientherapie“, und verschob damit den Fokus seiner wissenschaftlichen Aufmerksamkeit. Zeitgleich gründete er zusammen mit Joseph Duss-von Werdt die Zeitschrift „Familiendynamik“. Wenn ich als jemand, der erst seit 1982 Mitarbeiter seines Instituts war und daher in erster Linie über die Zeit seither aus eigener Erfahrung sprechen kann, das Geheimnis von Helm Stierlins Wirkung benennen sollte, dann waren es einige seiner persönlichen Merkmale: Er war enorm neugierig, d.h. er gab sich nicht damit zufrieden, das etablierte Wissen in seinem Gebiet (der Psychiatrie) anzuwenden und weiterzugeben, sondern er wollte immer Neuland betreten. Dabei war er, das mag auf den ersten Blick als Widerspruch erscheinen, demütig und unbescheiden, ehrgeizig und unprätentiös. Er achtete, wenn jemand neue Ideen oder Methoden vorstellte, nicht auf den Status, Orden oder Ehrenzeichen des Betreffenden, sondern auf die Nützlichkeit und Sinnhaftigkeit des Gesagten, d.h. es war die Sachdimension, in der ihn Neues faszinierte. Gleichzeitig hatte er keine Probleme, sich gegen irgendwelche Orthodoxie zu wenden, wenn sie ihm unsinnig erschienen. Seine Ambitionen waren hoch und er achtete, wenn er Kongresse organisierte (d.h. er ließ sie von uns organisieren, denn das gehörte nicht zu seinen Kernkompetenzen), nicht darauf, irgendwelche Hackordnungen einzuhalten. Bei Workshops und Kongressen ging die (Fach-)Welt bei uns ein und aus. Er war international bekannter als fast alle Heidelberger Professorenkollegen in höheren Besoldungsgruppen, so dass die, wenn sie denn in fremde Länder kamen, gefragt wurden, ob sie bei Helm Stierlin arbeiteten. Unsere „Heidelberger Gruppe“ war Helms Kreation. Er war im Blick auf die Auswahl seiner Mitarbeiter extrem eigensinnig, d.h. er fragte niemanden und ließ sich dabei nicht hineinreden. Er stellte dabei nur Menschen ein, die etwas konnten, was er nicht konnte (z.B. Kongresse organisieren). Dabei sorgte er für eine große Variationsbreite, d.h. wir, die wir dann zusammenarbeiten mussten/durften, hätten uns gegenseitig niemals ausgesucht. Aber in der Kooperation gelang es Helm, unsere Unterschiede fruchtbar werden zu lassen, indem hierarchiefrei kommuniziert wurde. Jeden Dienstag sahen wir z.B. gemeinsam in einem Forschungsprojekt Familien mit einem Mitglied, das mehrfach mit der Diagnose „Manisch-Depressive Psychose“ hospitalisiert worden war. Bei der Diskussion und der Reflexion unserer Erfahrungen konnte jeder alles, was er wusste, und alle Ideen und Erkenntnisse, die er zu haben meinte, ungefiltert in die Kommunikation bringen, und er nahm in der Summe immer mehr mit, als er hineingegeben hatte. (In Zeiten, in denen gegendert wird, fällt vielleicht auf, dass ich hier stets das Maskulinum verwende, und es ist nicht generisch, denn wir waren so etwas wie eine Boygroup - vom Alter her passt der Begriff natürlich nicht, da wir alle gestandenen Fachärzte und Familienväter waren, aber vom „Spirit“ schon; Frauen hatten da keine Chance, einen Job zu bekommen, vielleicht, weil Helm zuhause von Frauen umgeben war: Mutter, Frau, Töchter…). Es war eine Gruppe von „Jungs“, die der Spaß verband, gegen den Strom zu schwimmen und Neues zu denken und zu tun, die - mit festem Boden unter den Füßen, den einem das Durchlaufen der damals etablierten und seriösen Ausbildungen vermittelte - Freude am Experimentieren hatten. So war es auch klar, dass 1989, als wir die verrückte Idee hatten, einen Verlag zu gründen, Helm zu den Gründern des Carl-Auer-Verlags gehörte - wieder ein Abenteuer, das er sich nicht entgehen ließ.

Dass diese Gruppenprozesse in unserem therapeutischen Team für uns kollektiv wie individuell so fruchtbar waren, liegt zu einem guten Teil daran, dass Helm, obwohl formal unser Chef, bei der Diskussion von Sachfragen keinerlei Anspruch zeigte, dass seinen Ideen oder Konzepten eine höhere Wichtigkeit zugebilligt werden müsste als unseren. So kam es, dass wir all die Modelle, die er in den 30 Jahren vorher entwickelt hatte, wenig bis nichts zur Kenntnis nahmen. Ihm war das recht, denn er wollte ja inhaltlich weiterkommen und bedurfte nicht der Bestätigung durch uns. Ich muss gestehen, dass ich etliche seiner Konzepte erst viel später, nach unserer Zusammenarbeit angemessen zu würdigen lernte.

Wenn ich jetzt hier über Helm schreibe und dabei so gut wie gar nichts über seinen fachlichen Werdegang und seine fachlichen Verdienste geschrieben habe, so in der Gewissheit, dass dies andere tun werden oder bereits getan haben (es gibt ja eine Biografie von ihm im Carl-Auer Verlag). Mir ging es darum, den Verlust, den sein Tod für mich persönlich (und wahrscheinlich alle meine Heidelberger Kollegen) darstellt, in Worte zu fassen. Ich habe ihm viel zu verdanken.

Helms Tod ist aber sicher auch ein Verlust für alle, die ihn kannten, sowie für das Feld der Familientherapie.

 

Deutsche und chinesische Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten trauern um Prof. Dr. Dr.Helm Stierlin

Am 09.09. ist Prof. Dr. med. et. phil. Helm Stierlin im Alter von 95 Jahren verstorben. Er hat als Pionier der systemischen Familientherapie in Deutschland Generationen von Psychotherapeuten beeinflusst. Sein Wirken ist bis heute in vielfältiger Form international wirksam.

1985 reisten erstmals nach der Kulturrevolution eine Delegation chinesischer Psychologen und Psychiater nach Deutschland, um die aktuellen psychotherapeutischen Behandlungsmethoden kennenzulernen. Sie besuchten u.a. das Institut für Psychoanalytische Grundlagenforschung und Familientherapie, dessen Leiter Prof. Dr. med. et. phil. Helm Stierlin war. Die erlebte Therapiesitzung hinter der Einwegscheibe beeindruckte die Delegation, so sehr, dass ein weiterer Kontakt vereinbart wurde.

1988 fand das erste deutsch-chinesische Symposium für Psychotherapie in Kunming, der Hauptstadt der Provinz Yunnan, die an der Straße zu Burma liegt, in China statt. Dieses Symposium wurde zu einem Meilenstein in der Entwicklung von Psychotherapie in China. Prof. Stierlin stellte in seiner Vorlesung über Systemische Familientherapie erstmals in China Grundlagen der systemischen Familientherapie vor. Damit wurde für diese Therapieform in China die Tür geöffnet. Das erste Seminar zur Familientherapie wurde von ihm und Fritz Simon 1988 geleitet. Übersetzer Für Helm Stierlin und Fritz Simon war damals der junge Arzt Zhao Xudong. Er war so beeindruckt, dass er deutsch lernte und bei Prof. Stierlin über die "Einführung von systemische Familientherapie in China, ein soziokulturelles Experiment" promovierte. Damit begann ein Austausch in Lehre und Forschung zwischen chinesischen und deutschen Psychotherapeuten aus den wichtigsten chinesischen klinischen Einrichtungen und Universitäten u.a. mit der Universität Heidelberg und dem Helm Stierlin Institut auf dem Gebiet der systemischen Psychotherapie bis heute.

Der Mut von Helm Stierlin Neues zu denken und umzusetzen, seine Offenheit über seine Erfahrungen in der Nazizeit und seinen wissenschaftlichen Werdegang als Psychotherapeut zu sprechen, berührte bereits auf dem ersten Psychotherapiekongress in China ältere Kollegen, die selbst viel erlebt hatten und nach dem Ende der Kulturrevolution versuchten neue Wege in der Behandlung ihrer Patienten zu finden. Zurzeit wird gerade von einer chinesischen Kollegin eine Biografie über Helm Stierlins wissenschaftliches Wirken verfasst.

Im Namen der deutschen und chinesischen Kolleginnen und Kollegen wünschen wir Satu Stierlin, die ihren Mann mit Unterstützung der Töchter in den letzten Jahren seiner schweren Erkrankung so fürsorglich begleitet hat, Kraft und Trost in der Familie.

 

Seine Werke

 

  • Der Begriff der Verantwortung. Versuch einer Erörterung der pragmatischen Wissenschaftsethik John Deweys in Gegenüberstellung mit der Ethik Kants unter Berücksichtigung von Max Webers Wissenschaftsbegriff. Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde, der Philosophischen Fakultät, der Ruprecht-Karls-Universität, Heidelberg 1950.
  • Der gewalttätige Patient. Eine Untersuchung über die von Geisteskranken an Ärzten und Pflegepersonen verübten Angriffe. Inaugural-Dissertation an der Medizinischen Fakultät der Ludwig-Maximilian-Universität, München 1955. S. Karger, Basel (Schweiz) 1956.
  • Adolf Hitler. Familienperspektiven. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1975. (Neuauflage: 1995)
  • Das Tun des Einen ist das Tun des Anderen. Eine Dynamik menschlicher Beziehungen. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1976.
  • Delegation und Familie. Beiträge zum Heidelberger familiendynamischen Konzept, Suhrkamp 1982.
  • Ich und die anderen. Psychotherapie in einer sich wandelnden Gesellschaft. Klett-Cotta, 1994.
  • Haltsuche in Haltlosigkeit. Suhrkamp, Frankfurt 1998.
  • Christsein 100 Jahre nach Nietzsche. Velbrück Wissenschaft, Weilerswist-Metternich 2001.
  • Die Demokratisierung der Psychotherapie. Bilanz eines großen Psychotherapeu-ten. Klett-Cotta, 2003.
  • Ways to the heart. Carl-Auer-Verlag, Heidelberg 2005.
  • Gerechtigkeit in nahen Beziehungen. Carl-Auer-Verlag, Heidelberg 2005.
  • Psychoanalyse – Familientherapie – systemische Therapie. Entwicklungslinien, Schnittstellen, Unterschiede. Klett-Cotta, 2006.
  • Nietzsche, Hölderlin und das Verrückte. Carl-Auer-Verlag, Heidelberg 2008.
  • Sinnsuche im Wandel. Herausforderungen für Psychoanalytik und Gesellschaft. Eine persönliche Bilanz. Carl-Auer-Verlag, Heidelberg 2010.